Ein Foto der Elbphilharmonie mußte ich von meinem Hamburg-Besuch im Februar letzten Jahres mitbringen, aber ein ganz besonderes. Beim Aufgang des Vollmonds wollte ich auf der anderen Elbseite stehen und den Mond neben oder über der Elbphilharmonie fotografieren. Den richtigen Standort hatte ich mir schon Wochen zuvor durch das Programm Mondverlauf.de anzeigen lassen. Aber es kam anders. Die Wolken waren so dicht, daß nicht einmal ein Mondschimmer zu sehen war. Der Westwind brachte naßkalte, salzige Luft mit kleinen Schneeflocken, die in Straßenecken wie weißer Staub hängen blieben. Mit der letzten Fähre vor Konzertbeginn hatte ich mich ans andere Elbufer bringen lassen, nun stand ich vor den Konzerthallen, in denen die Musicals aufgeführt wurden und hoffte im Schein der Laternen auf einen Wolkenlücke, und sei sie auch noch so kurzfristig.
Ein Mann stand wenige Meter von mir entfernt, ebenfalls mit Kamera und Stativ. Ich grüßte, und er erzählte mir von seinem Auftrag, das Kreuzfahrtschiff Aida vor der Elbphilharmonie zu fotografieren. Na, das war doch was! Da mache ich doch auch einige Fotos! (Ich fühlte mich wie ein Fußballer bei einem Abstauber-Tor.) Und da fuhr die Aida auch schon elbaufwärts, drehte vor der Einfahrt des nächsten Hafenbeckens und kam ganz langsam näher. Ich hatte nur noch Zeit, die Kamera auf dem Stativ auszurichten und eine frische Speicherkarte einzusetzen. Das 50mm-Objektiv beließ ich an der Kamera.
Das Schiff fuhr zwar langsam, aber dennoch musste ich berücksichtigen, dass eine einzige Nachtaufnahme mehrere Sekunden brauchen kann, dass ich zwischendurch nicht viele Kameraeinstellungen ändern kann, dass die Passage des Schiffes an der Elbphilharmonie nur ein bis zwei Minuten dauert (das hatte ich bei der Fahrt elbaufwärts beobachtet). Meine größte Sorge war, daß durch den großen Helligkeitsunterschied die hellen Lichter auf dem Bild “ausgefressen” wirken, die zweitgrößte, daß der Wind, der immer noch feine Schneeflocken vor sich her trieb, mein Stativ ins Schwingen bringen könnte.
Die ISO-Zahl legte ich daher auf 400 fest. Schon als die Aida noch weiter entfernt war, erwies sich eine Belichtungszeit von einer halben Sekunde als absolute Obergrenze, sonst wurde das Bild nicht scharf. Beim Näherkommen überstreicht das Schiff ja einen größeren Bildwinkel, also mußte die Belichtungszeit noch knapper ausfallen. Wenn dann wenigstens die Spitzlichter korrekt belichtet wurden, war ja alles gut. Der Bildausschnitt mußte auch noch stimmen. In einem Zeitfenster von etwa zweieinhalb Minuten machte ich 19 Aufnahmen, in denen sowohl das Gebäude als auch das Schiff gut zu sehen waren, bei den folgenden 14 Aufnahmen in anderthalb Minuten war die Aida groß im Bild, verdeckte aber die Elbphilharmonie mehr oder weniger vollständig.
Das Foto, das ich letztendlich auf 150cm mal 100cm vergrößern ließ, habe ich mit einer Blendenzahl von 3,2 und einer Belichtungszeit von einer sechstel Sekunde aufgenommen. Die Menschen an der Reling sind klar erkennbar, die Fenster der Elbphilharmonie ebenfalls. In der Nachbearbeitung des Bildes habe ich die dunklen Töne leicht aufgehellt, um so das Dach des Gebäudes vom Nachthimmel gut zu trennen, der ja durch die Stadtlichter gar nicht so dunkel war.
Gut war auch, daß ich als Bildträger einen durchscheinenden Polyesterstoff gewählt habe, der in einen edlen Aluminiumrahmen geklemmt und von der Rückseite mit LEDs beleuchtet wird – eine Messeneuheit der letzten photokina, aber die Investition hat sich gelohnt. Dazu kommt, dass durch einen Dimmer die Helligkeit passend zur Raumhelligkeit geregelt werden kann. Weitere Bilder, die im Leuchtrahmen präsentiert werden, zeige ich auf meiner Ausstellungen-Seite.
Noch etwas zum Motiv: In der prophoto-Newsletter-Ausgabe vom 24. Januar 2018 fand ich eine Fotomontage mit genau diesem Motiv, nur bei Tageslicht – mein Bild, in einer einzigen Aufnahme entstanden, gefällt mir besser. Man kann ja auch mal Glück haben!
Elfi und Aida, Foto von Elke Glatzer