Unter dem Arbeitstitel “Rheinromantik 4.0” habe ich eine Serie von Fotografien erstellt, die sich – manchmal nostalgisch, manchmal ironisch – mit der Rheinromantik des 19. bis 21. Jahrhunderts auseinandersetzt. Seit rund 200 Jahren ist das romantische Rheinland im Blickfeld der touristisch Reisenden. Zunächst bereisten deutsche und englische Künstler das Rheinland, später das (Bildungs-)Bürgertum. Diese Reiseerlebnisse schlugen sich nieder in Briefen und Tagebüchern, Gedichten, Märchen, Sagen, Romanen und Schauergeschichten; Ansichten des romantischen Rheinlands wurden als Aquarelle, Zeichnungen oder Kupferstiche bekannt.
Die Zeiten haben sich geändert, die Menschen haben die Landschaft gestaltet (oder auch verunstaltet) – was ist von der Rheinromantik geblieben?
Die industrielle Revolution machte auch bei Freizeit- und Reisegewohnheiten nicht halt. Man reist zwar immer noch per Schiff, Viele fahren jedoch mit dem eigenem Fahrzeug, Andere nehmen statt der Bimmelbahn den Regionalexpress oder ICE. Doch auch das Wandern, jetzt auf eigens hergerichteten Routen wie Jakobsweg oder Rheinsteig, wird wieder populär.
Was man bemerkenswert findet, teilt man nicht mehr per Aquarell oder in Balladen mit, sondern teilt seine Handyfotos auf Instagram oder Twitter – mit einer „richtigen“ Kamera aufgenommene Fotografien gibt es natürlich ebenfalls.
Mancher Blick von den Höhen des Rheinsteigs ins Tal sieht aus wie von Constable gemalt – nur die Gebäude sind jetzt etwas höher. Statt Windmühlenromantik schmücken nun Windkraftanlagen auf den Eifelhöhen das Panorama. Ein aus dem Gestrüpp wachsender alter Wasserturm, der einst zur Wasserversorgung von Dampfloks diente, könnte vielleicht Rapunzel beherbergen.
Zur Romantik gehört auch die Lust am morbiden Charme von Ruinen. Bei Wilhelm Busch (1872) ruft die fromme Helene auf ihrer Hochzeitsreise, als sie das alte Heidelberger Schloss sieht: „Ach sieh nur mal, geliebter Schorsch, Hier diese Trümmer alt und morsch!“ – Heutzutage widmet sich die „Lost-Places“-Fotografie dem genüßlichen Betrachten des Verfalls, wenn die Reste von Bauwerken und Industrieanlagen des 19./20. Jahrhunderts zur Schau gestellt werden.
Bei aller Modernität haben sich die Menschen den Sinn für Romantik erhalten. Auf technischen Bauwerken wie Lärmschutzwänden, Fußgängertunneln und Brückenauffahrten entdeckt man unerwartet die verloren geglaubte (Rhein-)Romantik wieder: Einige Graffiti sind öffentliche Freundschafts- und Liebeserklärungen.
Die Fotos zu dieser Serie – und noch weitere – habe ich auf feinsten Büttenkarton drucken lassen; mit einem Standard-Passepartout versehen, passen sie genau in einen gängigen Bilderrahmen der Größe 40×30 cm. Ich bringe die Bilder mit, wenn ich wieder an einem Kreativmarkt teilnehme!