Diese Fichte bei Gerolstein ist etwas Besonderes. Frei steht sie auf einer Hochfläche im Naturschutzgebiet Munterley, und der Baum ist einen Besuch wert. Ich besuchte die Fichte an Pfingsten, denn ich wollte unbedingt einen besonders schönen “Baum des Jahres 2017” fotografieren. Dieser Baum ist auf meinen Einladungsflyern der Ausstellung “Aus dem Leben der Bäume” zu sehen.
Über die Aufnahmesituation dieses Fotos schreibe ich nun etwas ausführlicher. Es ist nicht so schwer, sich in Gerolstein zurecht zu finden. Das Flüsschen Kyll durchfließt den Ort von Ost nach West, parallel verläuft die Bahnlinie. Nördlich des Bahnhofs erhebt sich ein Berg aus sehr hellem Dolomitgestein, das von einem Vulkan durchbrochen wurde. Diese interessante geologische Formation beherbergt viele Tier- und Pflanzenarten. Es ist das Naturschutzgebiet Munterley, auf dessen Hochfläche die große Fichte als Solitär steht. – Vom Bahnhof kommend, wählt man den mit “V” wie “Vulkan” bezeichneten Wanderweg, und nach 1,5 km und einem Höhengewinn von 100 Metern sieht man schon die große Fichte.
Ich stand an diesem Nachmittag Anfang Juni im Süden, der Baum wurde also von links durch die Sonne beleuchtet. Seitliches Licht modelliert die Details gut heraus. Meine Freude währte allerdings nicht lange, denn bald kamen aus dem Westen dicke graue Wolken, und der Wind blies ungemütlich. Jetzt musste ich mich doch beeilen, bevor die Wolken den Himmel ganz bedeckten oder gar Regen brachten. Ich hatte mein Reisestativ die ganze Zeit mit mir herum getragen, nun verzichtete ich doch darauf, es aufzubauen. Mit ruhiger Hand machte ich einige Aufnahmen mit dem 45mm-Objektiv, bis ich zufrieden war. Zwischen den Aufnahmen ging ich einige Meter nach links oder rechts, bis die Bäume im Hintergrund gleichmäßig da standen und sich nicht optisch in den Vordergrund stellten. Dass aus einigen Blickwinkeln die Wiese Schräglage hat, ist eben so, Hauptsache der Baumstamm steht senkrecht. Um später den passenden Bildausschnitt wählen zu können, machte ich mehrere fast gleiche Aufnahmen, mal im Hochformat, mal im Querformat.
Dann ging es wieder bergab, aber auf einem breiteren Weg, der nicht so steil war. Ein paar Tropfen fielen, doch glücklicherweise gab es kein Gewitter. Ich unterhielt mich mit einem Wanderer, der den gleichen Weg nahm und sich in der Gegend gut auskannte. Er erzählte von dem Aufforstungsprogramm der Preußen, die nach dem Wiener Kongress das Rheinland mitsamt der Eifel zugeteilt bekamen. Damals war das Land kahl, die beginnende Industriealisierung (die an einigen Stellen abgebauten Erze wurden vor Ort verhüttet) hatte mehr Brennstoff verbraucht als nachwuchs. Preußische Forstbeamte sorgten für eine nachhaltige Entwicklung des Waldes und der Wirtschaft, indem sie die abgewirtschafteten Flächen mit den genügsamen Fichten bepflanzten. Eine noch größere Fichte als die von mir fotografierte ist die Königsfichte, die im Wald auf der anderen Seite des Tales wächst und die mindestens 200 Jahre alt ist. Sie ist allerdings von einem Wald aus jüngeren Fichten umgeben und so kein so gutes Fotomotiv. Also blieb ich bei “meiner” Fichte, deren Bild ich dann auch ausstellte.
Ich ließ einen Bildausschnitt im Format 80 x 160 cm auf Polyesterstoff drucken und spannte ihn in einen tiefen Aluminiumrahmen, der von hinten das Bild mit LEDs gleichmäßig ausleuchtet. So ein Hochformat eignet sich bestens für einen langen. schmalen Flur, an dessen Ende die Fichte aufleuchtet.